Was ist eigentlich Antifeminismus? Woran erkenne ich Antifeminismus? Und was mache ich eigentlich, wenn ich Antifeminismus erlebe oder mitbekomme?
ANTIFEMINISMUS – WAS IST DAS EIGENTLICH?
Der Antifeminismus ist antidemokratisch, ideologisch aufgeladen und stellt ein Weltbild dar, bei dem ein Ungleichheitsverhältnis entlang von geschlechtlichen und sexuellen Unterschieden manifestiert und hierarchisiert wird.
Antifeminist*innen vereinen sich in der Gegner*innenschaft in organisierter Form und bedienen sich verschiedener Diskriminierungsverhältnisse, wie zum Beispiel Sexismus, Frauenhass und Queer-, hervorgehoben Transfeindlichkeit. Intersektional verwoben mit insbesondere Rassismus, bieten vor allem rechtsradikale sowie religiös-fundamentalistische Weltanschauungen einen idealen Nährboden für antifeministisches Gedankengut.
ERKENNUNGSMERKMALE VON ANTIFEMINISTISCHEN AUSSAGEN
- Relativierung von gesellschaftlichen Problemlagen und Aberkennung struktureller Ungleichheit
- Feindbildmarkierungen einer Gruppe aufgrund geschlechtlicher Identitäten, sexueller oder amouröser Vielfalt
- Aberkennung von Existenzen und rechtlichen Grundlagen
- Forderung nach Rücknahme (queer-)feministischer Errungenschaften (zum Beispiel das Frauenwahlrecht, Ehe für alle, Selbstbestimmungsgesetz)
- Verschwörungsglaube/Ideologien der Ungleichheit („der große Austausch“)
- Autoritäre Geschlechterbilder als Rechtfertigung für Hass und Hetze gegen FLINTA*
- Proklamierung von Natürlichkeit konservativer Geschlechterrollen
- Emotional aufgeladene Botschaften („Kindeswohlgefährdung“)
- Organisierte Akteur*innen
- Völkische und extrem rechte Erzählweise
EMOTIONALE AUFLADUNG ALS STRATEGIE
Antifeministische Diskurse bedienen sich gezielt emotionaler Aufladung, um feministische Anliegen zu delegitimieren und Widerstand gegen Gleichstellungspolitiken zu mobilisieren. Durch dramatische, polarisierende Begriffe wie „Genderwahn“ oder „Umerziehung“ wird ein klares Feindbild konstruiert, das Angst, Wut und Abwehr hervorrufen soll. Diese emotionalen Reize lenken von sachlicher Auseinandersetzung ab und vereinfachen komplexe gesellschaftliche Fragen.
Ein besonders wirksames Beispiel dafür ist die Argumentation über den vermeintlichen „Schutz der Kinder“. Feministische Forderungen – etwa nach geschlechtergerechter Bildung oder der Thematisierung sexueller Vielfalt – werden häufig als Bedrohung für das Kindeswohl inszeniert. Begriffe wie „Frühsexualisierung“ oder „Gender-Ideologie“ lösen starke emotionale Reaktionen aus und suggerieren, Kinder würden durch feministische Inhalte manipuliert oder gefährdet. So wird das Schutzmotiv instrumentalisiert, um antifeministische Positionen zu stärken und gesellschaftliche Fortschritte im Bereich Gleichstellung zu blockieren.
DIE VIELEN GESICHTER DES ANTIFEMINISMUS
Es gibt nicht DIE Antifeminist*innen. Stattdessen gibt es viele verschiedene Gruppierungen, welche in heterogener Form organisiert, weltweit, mit antifeministischen Inhalten agieren. So gibt es unter anderem:
MENOSPHERE . MÄNNERCOACHES . INCELS MGTOW . BURSCHENSCHAFTLER . IDENTITÄRE BEWEGUNG . MÄNNERRECHTLER . LOVER-BOY-METHODE .TRADWIFES . TERF
ANTIFEMINISTISCHES HINEINWIRKEN IN DIE KJH
Auch die Kinder- und Jugendhilfe (KJH) ist zunehmend mit antifeministischen Angriffen konfrontiert. Diese äußern sich einerseits in Anfeindungen gegenüber Fachkräften und Trägern, andererseits auch in Form von Akteur*innen innerhalb des Feldes, die selbst antifeministische Haltungen vertreten. Antifeministische Gruppen nutzen Strukturen der Sozialen Arbeit, um eigene Angebote zu schaffen, Diskurse zu beeinflussen und ihre Weltbilder in die Gesellschaft oder in die eigene Szene zu tragen. Besonders betroffen sind Arbeitsbereiche, die sich mit Gleichstellung, Inklusion, Sexualpädagogik, Rechten von LGBTIQ-Personen oder Gewaltprävention befassen. Hier reichen die Erfahrungen von queerfeindlichen Kommentaren in Schulworkshops über Belästigungen vor Schwangerschaftsberatungsstellen bis hin zu gezielten Hasskampagnen gegen Einrichtungen wie Frauenhäuser.
ANTIFEMINISMUS KLAR BENENNEN – WARUM PÄDAGOGISCHES HANDELN HALTUNG BRAUCHT
Antifeminismus ist kein harmloser Meinungsbeitrag in einer pluralen Gesellschaft, sondern Ausdruck einer menschenfeindlichen Ideologie. Er richtet sich gegen grundlegende Prinzipien der Gleichberechtigung und stellt Errungenschaften in Frage, die zentral für ein demokratisches Miteinander sind. Wer antifeministische Aussagen duldet oder relativiert, trägt dazu bei, dass diskriminierende Denkweisen normalisiert und Machtverhältnisse zementiert werden. Gerade in pädagogischen Kontexten ist es daher notwendig, diese Haltungen zu erkennen, offen zu benennen und ihnen entschieden entgegenzutreten.
Pädagogisches Handeln ist immer auch politisch. Es geht nicht nur um Wissensvermittlung, sondern um die Begleitung junger Menschen in ihrer Persönlichkeitsentwicklung. Dazu gehört, dass sie lernen, respektvoll und gleichberechtigt miteinander umzugehen. Antifeministische Äußerungen – sei es in Form von Abwertung, Verhöhnung oder strukturellem Leugnen von Ungleichheit – untergraben dieses Ziel. Wer pädagogisch arbeitet, muss deshalb die Verantwortung übernehmen, solche Äußerungen nicht stehen zu lassen, sondern sie aktiv zu problematisieren. Das bedeutet nicht, Diskussionen zu unterbinden, sondern sie auf einer sachlich-kritischen Ebene zu führen und dabei klare Grenzen zu setzen.
In einer Zeit, in der antifeministische Narrative zunehmend Anschlussfähigkeit gewinnen – oft verkleidet als “Meinungsfreiheit” oder “Kritik am Zeitgeist” – ist Haltung mehr denn je gefragt. Pädagogische Fachkräfte haben hier eine Schlüsselrolle: Sie prägen Diskurse, schaffen Schutzräume und setzen Standards im sozialen Miteinander. Wer sich hier zurückhält, riskiert, dass diskriminierende Weltbilder Raum gewinnen. Antifeminismus betrifft nicht nur Frauen – er ist ein Angriff auf die Idee einer offenen, gerechten Gesellschaft. Ihm aktiv entgegenzutreten, ist deshalb keine moralische Kür, sondern eine demokratische Pflicht.
WAS MACH ICH JETZT EIGENTLICH, WENN ICH ANTIFEMINISMUS ERLEBE UND MITBEKOMME?
Die Leipziger Autoritarismus-Studie von 2024 zeigt auf, dass Antifeminismus zunimmt. So sind die Zahlen von 19 % im Jahr 2020 auf 23 % im Jahr 2024 angestiegen. Damit steigen die Chancen eines jeden, Antifeminismus in irgendeiner Form zu begegnen. Aber was genau kann man nun machen, wenn man Antifeminismus erlebt?
Zum einen können antifeministische Vorfälle in der dafür vorgesehenen „Meldestelle Antifeminismus“ gemeldet werden.
Wer online Opfer von Antifeminismus wird, kann sich zudem an die Beratungsstelle von HateAid wenden. Sie beraten unmittelbar bei digitaler Gewalt und leisten rechtliche Unterstützung
In ihrem Methodenkonzept setzt sich „Detox Identity“ mit der Frage auseinander, was die Gründe dafür sind, warum gerade Männer* so empfänglich für antifeministisches Gedankengut sind. Enthalten sind unter anderem Methoden für die praktische Arbeit mit (jungen) Männern*, die es ermöglichen, bestehende Narrative zu besprechen, Perspektiven zu wechseln und Ungleichheiten zu spüren.
Media: 5 Gründe Antifeministin zu sein – Schule gegen Sexismus I Pinkstinks Germany (3:30 min)
Quelle: https://www.youtube.com/watch?v=AcRDOL3jZdQ
Media: Antifeminismus I Landeszentrale für politische Bildung (1:28 min)