Was macht frühkindliche Sexualität aus? Worin besteht der Unterschied zur Sexualität von Erwachsenen? Und was gibt es bei Körpererkundungsspielen & Co. zu beachten?
Entdecken und verstehen
Wenn Stefan und Masha ihre T-Shirts ausziehen und sich mit nacktem Oberkörper in der Kuschelecke aneinander drücken oder wenn Cem und Lukas sich auf der Toilette einschließen und nur noch Gekicher zu hören ist, kommt manchmal Unsicherheit auf. Erwachsene betrachten solches Verhalten aus ihrer Erwachsenen-Perspektive auf Körperlichkeit und Sexualität. Doch es gibt große Unterschiede zwischen der Sexualität von Erwachsenen und der Sexualität von Kindern.
Während Sexualität von Erwachsenen auf die eigene und gegenseitige Befriedigung sowie auf Beziehungsgestaltung ausgerichtet ist, geht es bei Kindern im Kita- und Vorschulalter um ganz andere Dinge: Sie erkunden ihre Körper, die Unterschiede zu anderen Körper, wie körperliche Empfindungen mit Emotionen zusammenhängen und sie versuchen, die Funktionen von Körperteilen zu verstehen. Dabei sind z. B. Ohren genauso interessant wie z. B. Pos. Und wenn Kinder sich an den Genitalien berühren, empfinden sie es nicht unbedingt als „sexuell“, so wie Erwachsene es tun würden. Vieles resultiert schlicht aus kindlicher Neugier. Die folgende Tabelle fasst die Unterschiede zwischen kindlicher Sexualität und Erwachsenensexualität zusammen:
Quelle: Maywald, Jörg (2018): Sexualpädagogik in der Kita, HERDER, S. 18.
Die Förderung von sexueller Selbstbestimmung in der Kita vermittelt Kindern ein Verständnis für Körper, Emotionen, Bedürfnisse, Verantwortung und eigene Grenzen, vermittelt Sexualität als positive Ressource, nicht etwas, das mit Scham verbunden ist, und unterstützt Kinder darin, zu lernen, wie man sich über Körper, Bedürfnisse und Emotionen mit anderen verständigt.
Eine Sexualpädagogik, die zudem Vielfalt berücksichtigt, fördert eine bejahende Haltung zum eigenen Körper – unabhängig davon, welche Form und Fähigkeiten der Körper hat, welchem Geschlecht ein Kind zugehörig ist und welche Vorstellungen es davon hat, mit wem es später einmal Liebesbeziehungen oder Familie leben möchte.
Regeln und Grenzen
Kindliche Sexualität existiert nicht im luftleeren Raum. Sie wird bewertet von Erwachsenen, die im besten Fall in ihren Rollen als Eltern oder Fachkräfte einen sicheren Rahmen für Körpererkundungen bieten, in denen Neugier erlaubt ist und nicht negativ bewertet wird, jedoch auch Regeln gelten und eingehalten werden.
Wichtig ist es, sich im Team zu verständigen, was man zulässt, was Grenzen sprengt und welche Regeln gelten. Es braucht ein klares Schutzkonzept in der Einrichtung, dass allen Mitarbeiter*innen bekannt ist. Auch den Kindern müssen die Regeln darin klar kommuniziert sein. Zum Beispiel könnte das sein, dass andere Kinder zu Körpererkundungsspielen auch Nein sagen können und dass das in jedem Fall respektiert wird, oder dass Körpererkundungsspiele generell nur zwischen Gleichaltrigen stattfinden und dabei keine Gegenstände in Körperöffnungen eingeführt werden dürfen. Gleichzeitig müssen Erwachsene jedoch auch sensibel für Hierarchien in Körpererkundungsspielen und für den Unterschied zwischen Körpererkundungsspiel und sexuellem Übergriff unter Kindern sein: Wie gut kann ein Kind Nein sagen, dass in der Gruppe nicht besonders beliebt ist und von einem beliebten Kind in ein Spiel eingebunden wird?
Lohnenswert ist es immer, sich im Team gemeinsam mit den eigenen Werten und Haltungen zum Thema Sexualität auseinander zu setzen. Das beginnt schon bei Fragen wie: Wie reagieren wir, wenn uns Kinder fragen, wie ein Baby in einen Bauch gekommen ist?
Media: Info-Clips des sexualpädagogischen Teams der pro familia Kiel
Auf dem Youtube-Kanal „Präventionsatlas sexualisierte Gewalt“ finden sich verschiedene kurze Info-Clips rund um das Thema frühkindliche sexuelle Bildung, z. B.:
Sexuelle Selbstbestimmung bei Kindern und Jugendlichen fördern:
(Quelle: https://www.youtube.com/watch?v=xOLDA-KmnsY)
Grenzverletzungen erkennen:
(Quelle: https://www.youtube.com/watch?v=XHFy438bKCg)
Aus unserem Medienkoffer:
- Edward Summanen/Johanna Arpiainen (2015): Das Familienbuch