Was bedeutet Geschlechtergerechtigkeit? Brauchen wir das überhaupt noch? Und wie äußert sich Geschlechtergerechtigkeit in der Pädagogik?

Geschlechtergerechtigkeit als Vision

Geschlechtergerechtigkeit ist ein Ziel moderner Gleichstellungspolitik. Es ist die Vision, dass Menschen ihren Lebensweg frei bestimmen können, ohne dass sie dabei durch einengende Erwartungen an Geschlecht(errollen) oder durch Benachteiligung und Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, der Geschlechtsidentität oder sexuellen Identität eingeschränkt werden. Geschlechtergerechtigkeit bedeutet, dass Ressourcen und Respekt auf alle Geschlechter und ihre Lebenswege gleichmäßig aufgeteilt sind.

Geschlechtergerechtigkeit hat die Vielfalt von Geschlecht im Blick, indem sie sich nicht ausschließlich auf Frauen/Mädchen und Männer/Jungen bezieht, sondern gleichermaßen trans*, inter* und nicht-binäre Menschen in den Blick nimmt.

Geschlechtergerechtigkeit bedeutet nicht, dass „wir alle gleich sind“. Geschlechtergerechtigkeit als Perspektive fordert gleiche Rechte, Chancen und Respekt für alle Geschlechter ein – und behält dabei die unterschiedlichen Herausforderungen, die die verschiedenen Geschlechter in unserer Gesellschaft erleben, im Blick.

„Ist das wirklich noch nötig?“

Geschlecht zieht sich als wirkmächtiges Ordnungskriterium durch unsere gesamte Gesellschaft. Geschlecht dient immer noch dazu, Ungleichheiten und Hierarchien zu begründen.

Fakt ist, dass sich die Situation in den letzten 10-20 Jahren deutlich verbessert hat. Fakt ist aber auch, dass Sexismus immer noch zum Alltag der meisten Frauen* gehört, dass trans*, inter* und nicht-binäre Menschen Diskriminierung und Gewalt erfahren, dass Rollenklischees und Erwartungen fortbestehen, die unser Erleben von Geschlecht und Agieren in Geschlechterrollen einengen (→ Stereotype & Vorurteile, Diskriminierung).

Und: Genauso schnell, wie sich in den letzten zwei Jahrzehnten das Denken über Geschlecht pluralisiert hat, haben auch gegenläufige Bewegungen zugenommen. So hat → Gendermarketing  in den letzten 10 Jahren seinen Boom erlebt und durch die breite Nutzung von Sozialen Medien und der Präsenz von Werbung in Sozialen Medien hat → Bodyshaming zugenommen.

Geschlechterungerechtigkeit zeigt sich deutlich, z. B. wenn Frauen* in Führungspositionen in Unternehmen, Hochschulen, Parteien usw. nach wie vor unterrepräsentiert sind. Und sie zeigt sich subtiler, wenn z. B. Mädchen* nicht zum Erlernen technischer oder Jungen* nicht zum Erlernen sozial-emotionaler Fertigkeiten ermuntert werden und dadurch ihre Vorstellungen von für sie passenden Berufen und Lebensentwürfen stark eingeschränkt wird. So wird seit Jahren Girls‘ Day/Boys‘ Day ausgerichtet, um dieser Entwicklung etwas entgegenzusetzen.

Geschlechtervielfaltsbewusste Pädagogik

…ist die Antwort auf Fragen der Geschlechtergerechtigkeit in der Kinder- und Jugendhilfe. Geschlechtervielfaltsbewusste Pädagogik ist eine Möglichkeit, einen Beitrag zur Entwicklung einer geschlechtergerechten Gesellschaft zu bringen. Es bedeutet, für Kinder Räume zu schaffen, um sich  auszuprobieren, Vielfalt von Geschlechterrollen und Familien zu zeigen, für die Bedürfnisse von trans*, inter* und nicht-binären Kindern zu sensibilisieren und zu zeigen, dass das Erlernen von bestimmten Fähigkeiten und Fertigkeiten nicht „natürlicherweise“ an ein bestimmtes Geschlecht gekoppelt ist.

Media: FUMA-Erklärvideo: Gender-Pädagogik

Das Erklärvideo der „FUMA Fachstelle Diversität & Gender NRW“ zeigt aus der Perspektive eines „Außerirdischen“, der auf die Erde kommt, wie Menschen schon von früh an in „Mädchen“ und „Jungen“ sortiert werden, und welche Rolle eine geschlechterreflektierte Pädagogik hierbei einnimmt.

(Quelle: https://www.youtube.com/watch?v=0bdZY_xMhkQ)

Aus unserem Medienkoffer:

  • Johanne Jannsen (2014): Ludwigs seltsamer Tag. Oder: Unsere Neue ist ein Mann
  • Gudrun Likar (2009): Prinzessin Fibi und der Drache